Sara Pfundt und Daniel Herterich freuen sich über die Trainingseinheiten mit Hubert Eller. Foto: Alisa Eßlinger
Weil am Rhein – Spaß und Spiel stehen im Vordergrund der Behindertensport-Abteilung des TV Weil – aber auch der soziale Kontakt und das Körpergefühl sind zentrale Aspekte. Seit 25 Jahren besteht die Abteilung. Jeden Freitag zwischen 16.30 und 19.30 Uhr treffen sich Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen und finden beim Sport Gemeinschaft.
Die Freizeitveranstaltung „Behindertensport im TV Weil 1884“ ist eine Sportgruppe für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Abteilung hat derzeit 17 aktive Teilnehmer. „Die Treffen sollen die Leistungen körperlich und mental verbessern sowie das Sozial- und Gruppenverhalten stärken“, erklärt Trainer Hubert Eller.
Dem Polizeibeamten ist wichtig, dass der Behindertensport aktiv beim Turnverein mitwirkt. So helfen seine Trainingsgruppenmitglieder auch bei sozialen Projekten, wie Altpapiersammelaktionen. Eller: „Wir wollen keine Ausschließung nach innen und auch keine nach außen. Wir versuchen, uns so gut es geht einzubringen und ein Teil beim alltäglichen Leben zu sein.“ So helfen sie auch bei Hallenveranstaltungen mit und haben einen Auftritt bei der TV-Jahresfeier.
Körperwahrnehmung und Konzentration
Aber auch die Körperwahrnehmung ist ein zentraler Aspekt. Dabei gibt es eine Reihenfolge: Zuerst wird eine Runde gerannt, um den Körper aufzuwärmen. Danach wird sich ausgiebig gedehnt, das dient einerseits zur Muskelspannung und andererseits helfe es, ein Gefühl für den eigenen Körper zu bekommen. Mit frisch gedehnten Körpern packen alle beim Parcours-Aufbau mit an, doch meistens sind es Eller und ein FSJ’ler, die die Sportgeräte an ihrem Platz positionieren.
Da alle Teilnehmer unterschiedlich fit sind, variieren die Aufgaben für jeden einzelnen. Auf dem Barren geht es für die Fitteren im „Krabbengang“ über die Stangen. Die Mutigen laufen sogar darüber. „Sie sollen ein Gefühl für Höhe bekommen“, erklärt Eller. Die Rollstuhlfahrer hingegen versuchen, sich mit den Armen an den Stangen entlang zu bewegen. Eller, ein FSJ’ler oder eine Mutter geben die nötige Hilfestellung.
Weiter geht es dann auf dem Schwebebalken. Hier soll das Gleichgewichtsgefühl gestärkt werden. Für die einen ist es leichter und für die anderen wird der Schwebebalken zur Herausforderung. Die Turner werden stets ermutigt, an ihre Grenzen zu gehen, sie werden aber nie gedrängt.
Über die an einem Sprungkasten gelehnten Bänke wird entweder runtergerutscht oder gelaufen. Die Kletterwand rundet den Parcours ab. Dort müssen die Turner entlang klettern, aber sie sollen Beine und Hände überkreuzen, das diene der Konzentration und beanspruche beide Gehirnhälften, sagt Eller.
Am Ende der Trainingseinheit wird noch ein Spiel gespielt. Nach Absprache kann an die Turnstunde noch eine Boccia-Runde drangehängt werden.
Teilnehmer sind begeistert
Unter den Teilnehmern befindet sich auch Christina Cancar. Sie und ihre Mutter sind seit 20 Jahren beim Behindertensport. Christina hat das Rett-Syndrom. „Wir sind froh über die Sportgruppe. Christina kann zuschauen und manchmal sogar mitmachen“, sagt Gojka Cancer, Mutter von Christina. Eller gebe immer sehr gute Ratschläge. Daher mache es sehr viel Spaß. „Manchmal turne ich auch mit“, erzählt Cancer. Auch Christinas Geschwister kamen früher häufiger, und ihre Schwester komme hin und wieder mit.
Sara Pfundt ist die Jüngste beim Behindertensport und seit neun Jahren mit dabei. Sie ist im Jahr 2010 durch ihren damaligen Freund zum Turnen gekommen und geblieben. „Die Kletterwand macht mir ganz viel Spaß“, sagt Sara. Die 24-Jährige war anfangs sehr ängstlich und hatte Probleme mit ihrem Gleichgewicht. „Durch ihren eigenen Ehrgeiz und Huberts Hilfe hat sie die Kletterwand nun im Griff“, berichtet Beate Pfundt, Saras Mutter. Zudem sei Sara eine begeisterte Rennerin. Zum Aufwärmen führt sie die Rennrunde an. „Ich habe einfach angefangen zu rennen und alle sind mir hinterher gelaufen. Seitdem ist das so“, erklärt Sara.
„Ich habe viele Freunde gefunden“, sagt Niels Herter. Der Redakteur von der Zeitung „Buntelebenspunkte“ der Lebenshilfe ist seit mehr als elf Jahren dabei. Ihm ist das Turnen sogar lieber als die Ballspiele. Auch der Paralympische Gold- und Silber-Gewinner in Judo Daniel Herterich ist ein begeisterter Turner in Ellers Sportgruppe. Er ist mit fast 50 Jahren der älteste der Gruppe – und ebenso wie die anderen Sportler mit Eifer dabei.
Quelle: https://www.verlagshaus-jaumann.de/inhalt.weil-am-rhein-an-grenzen-fuehren-und-bestaerken.8a7b4d72-aa40-462b-ae91-8d465d754e54.html
Alisa Eßlinger, 08.07.2019 – 18:37 Uhr